RetroPie vs. MiST: erste Eindrücke

Als Kind der 80er mit besonderer Affinität zum Schneider CPC und tausenden Spielstunden Erfahrung mit Klassikern wie Bomb Jack, Nemesis, R-Type, Gryzor, Ikari Warriors, Renegade, Savage, Sorcery, Hexenküche II, Deflektor, Grand Prix Simulator, BMX Simulator, Barbarian, IK+, Highway Encounter, The Bard’s Tale, Boulder Dash, Bruce Lee, Combat School, Commando, Defender of the Crown, Speedking, Super Hang-On, Wec Le Mans, Prohbition, Silent Service, Gunship, They $tole a Million, Impossible Mission, Winter Games, Barry McGuigan’s Championship Boxing, Ping Pong, Yie Ar Kung Fu, Puzznic, Saboteur, Spindizzy, Ghost’n’Goblins, Western Games, Werner – Mach Hin! und Boulder Dash – um nur die wichtigsten zu nennen – bin ich immer auf der Suche nach Lösungen, die alten Schätzchen neu erleben zu können.

Seit einiger Zeit betreibe ich dazu das MiST-Board (alte Blog-Posts dazu hier, hier und hier), welches gute Dienste leistet, aber bekanntlich ist ja das Bessere des Guten Feind. Als Besitzer diverser Raspberry-Pi-Modelle – natürlich vornehmlich zum Einsatz von RISC OS – lag es nahe, eine der Emulationslösungen auf dem Pi unter die Lupe zu nehmen.

Als Distribution zum Testen habe ich mir RetroPie ausgesucht (Version 3.3), das im Prinzip eine benutzerfreundliche Schale um EmulationStation ist und Raspbian als Unterbau verwendet. Als Hardware-Basis dient ein RPi 2 Model B, um ein bisserl Luft für die CPU-intensive Emulation zu haben. Als Controller verwende ich einen Competition Pro USB, um das originale 80er Microschalter-Feeling zu genießen.

Der erste Test war natürlich mit dem CPC-Emulator (caprice32 wird hier als Backend verwendet). Dazu schnell ein paar DSKs per Netzwerk (RetroPie richtet standardmäßig SMB-Freigaben ein) auf den Pi gespielt, diese wurden problemlos erkannt und nach Auswahl von “Amstrad CPC” in einer grafisch schicken Liste angezeigt. Wie überhaupt die grafische Präsentation von RetroPie sehr schön aussieht. Nacheinander habe ich Bomb Jack, Nemesis, Grand Prix Simulator und Gryzor angetestet, sowohl mit Joystick als auch mit Tastatur gesteuert (traditionell spiele ich CPC-Spiele oft mit der Tastatur, weil ich zu Anfang meiner CPC-Karriere schlicht keinen Joystick hatte – der Computer war ja schließlich Lern- und Arbeitsgerät :-)). Optisch und akustisch ist das alles einwandfrei (eine echte Prüfung für Emulatoren ist immer die Sprachausgabe von Grand Prix Simulator). Aber ich hatte ständig das Gefühl, das was nicht stimmt. Ich kann es nicht genau sagen, aber irgendwie stimmt das Timing nicht. Die alten Rückenmarksreflexe funktionieren nur ab und zu – und dass die eigentlich noch in Ordnung sind, zeigt der Wechsel zum MiST – dort habe ich jederzeit das Gefühl, vor einem Original-CPC zu sitzen.

Das MiST ist also mein Favorit bezüglich des originalgetreuen Spieleerlebnisses. Was also spricht für RetroPie? Eine ganze Menge. Der Pi ist preiswerter als das MiST. RetroPie unterstützt mehr Plattformen. Bluetooth-basierte Controller können verwendet werden (dafür nicht ohne weiteres die klassischen Atari-kompatiblen digitalen Joysticks). Ein Anschluss an moderne Fernseher oder Projektoren per HDMI ist völlig problemlos. Auch komplexe Plattformen können emuliert werden – das MiST ist vermutlich irgendwo zwischen Amiga und Archimedes am Ende, der Pi 2 hat genug Saft für PS1, Sega 32X und Nintendo N64. Das Handling des MiST mit den SD-Karten ist uneleganter als die Befütterung des Pi über Netzwerkfreigaben. Die Auswahl der Spiele ist deutlich hübscher als über das schmale OSD-Menü des MiST.

Und kaum schreibe ich das alles auf, schon gibt es eine neue Version von RetroPie: 3.4 wurde am 2016-01-21 veröffentlicht, das unter anderem nun Debian Jessie statt Wheezy als Basis verwendet. Ansonsten klingen die Änderungen eher nach Bugfixing als nach Feature-Revolution.

Abgesehen davon gibt es Alternativen wie Lakka und Recalbox die auch noch ausprobiert werden müssen.

Aber am Ende bleibt die Erkenntnis: bevor man zu lange überlegt, einfach beides kaufen und Spaß haben.