Die Idiotie nachträglicher Änderungen an altgedienten Schnittstellen

Update – siehe unten

Ich beschäftige mich derzeit mit allerlei Retro-Hardware in Vorbereitung auf die Classic Computing 2016, wie man auf dem Nachbarblog nachlesen kann. Also Floppylaufwerke, viel zu kleine IDE- und SCSI-Festplatten (Megabytes statt Gigabytes), alte Rechner als Festplatten noch Sonderausstattung waren.

Dabei ist mir eine besondere Idiotie der IT-Industrie sauer aufgestoßen. Es geht um die gute alte IDE-Schnittstelle. Früher war alles bestens: 40pin Wannenstecker am Controller und am Device, verbunden per 40pin-Flachbandkabel mit 40pin-Pfostenstecker. Verpolsicher wurde es gemacht durch die klassische „Nase“ am Stecker und einer entsprechenden Nut an der Wanne. So weit, so prima. Alle waren glücklich.

Irgendwann kam jemand auf die Idee, die Verpolungssicherheit per Nase-Nut könnte eventuell nicht ausreichend sein (und tatsächlich gab es einige Ultra-Billigheimer-Kabel, die doch tatsächlich die Nase einsparten) und führte ein zusätzliches Merkmal ein: das fehlende Loch an Pin 20 des Pfostensteckers, und damit korrespondierend der fehlende Pin in der Wanne.

Jedem Durchschnittsdummen sollte sofort klar sein: eine derartige Inkompatibilität kann nur zu Problemen führen. Während der fehlende Pin in der Wanne logischerweise nie zum Problem wird, macht das nicht-Loch nur Scherereien. Kabel passen nicht mehr in die Wanne, und wenn man nicht aufpasst, ruiniert man sich schnell mal die Hauptplatine. Aktuell habe ich hier ein Mainboard eines Microdigital Omega, der Ultra-ATA unterstützt, aber alle Pins in der Wanne bestückt hat. Ersatzkabel finden? Fehlanzeige. Pin abtrennen scheint die einzige Möglichkeit zu sein. Macht keinen Spaß bei wertvoller alter Hardware. Bei einem CF-IDE-Adapter dasselbe Problem. Gut, es geht auch noch schlechter: ein SD-IDE-Adapter hat nur eine doppelte Stiftleiste ohne Wanne, dafür mit allen Pins – wie man da die Polung herausfinden soll, bleibt im Dunkel. Vorsichtshalber wurde auch jegliche hilfreiche Beschriftung wie „Pin 1“ weggelassen.

Ebenfalls dämlich: das nicht-Loch an einem Noname-IDE-Flash-Modul. Schon die Tatsache, hier die weibliche statt der männlichen Steckerseite zu verbauen, ist besonders dämlich – somit taugt das Modul nicht als Drop-In für ein altes Laufwerk, sondern man muss noch einen Gender Changer dazwischen hängen. Oder das Modul direkt in die IDE-Buchse auf dem Mainboard reinstecken – klar, so ein kleines Flash-Modul hat als Zielgerätschaft ja keinesfalls altgediente Hardware, die mit modernen großen Platten nix anfangen kann. Und natürlich belegt man gerne mit einem Device einen IDE-Strang, der prima zwei Devices betreiben könnte. Aber gut, dann hätte man ja noch einen wertvollen Jumper vorsehen müssen für die Master-Slave-CS-Einstellung.

Und übrigens: Molex-Stecker und -Buchsen für die Laufwerksstromversorgung sind das Allerletzte.

Update – in der ersten Version dieses Artikels wurde den Transcend-IDE-Flash-Modulen unterstellt, ein nicht-Loch im weiblichen Stecker zu haben und keine Master-Slave-CS-Umschaltung zu unterstützen. Ersteres war falsch, zweiteres teilweise falsch – Master-Slave geht per kleinem Schalter, CS aber nicht (was vergleichsweise aber ein unbedeutendes Problem ist). Ich hatte das verwechselt mit einem Noname-Flash-Modul. Sorry, Transcend.