MISTer-Fortschritte und die zweite Luft für MIST

Schon lange nichts mehr zu MISTer und MIST geschrieben (zuletzt im Juni 2017). Dabei gibt es großartige Fortschritte bei beiden Projekten.

Der MISTer hat einen neu implementierten CPC-Core bekommen, der um Welten besser funktioniert als die alte, ursprüngliche Variante. MISTer-Mastermind Sorgelig hat viel Zeit darauf verwendet, besonders die CRTC-Implementierung (ein Motorola 6845, der in verschiedenen Varianten im CPC verbaut wurde, die sich alle in Kleinigkeiten unterscheiden, was von verschiedenen Demos auch weidlich ausgenutzt wird) und auch teilweise die Z80-Implementierung sowie die Floppy-Simulation (NEC 765), um endlich auch diverse Kopierschutzmaßnahmen sowie Sonderformate zu unterstützen.

MIST und MISTer profitieren gerade gemeinsam von einer Weiterentwicklung des Sega Genesis-Cores (für Europäer: Sega Megadrive), bei der unter anderem Sorgelig, GreyRogue und MIST-Mastermind Till Harbaum (“MasterOfGizmo” im Atari-Forum) zusammenarbeiten, nebst einem Spezialisten (“Jotego” im Atari-Forum) für die Soundchips des Genesis und mehreren Kennern der Originalspiele, die in langwierigen Testläufen die diversen Änderungen, die teilweise im Stundentakt gemacht werden, auf Regressions prüfen.

Im Zuge dieser Anpassungen und Weiterentwicklungen wurde auch für den MISTer eine neue Art des Scalings für den HDMI-Output implementiert auf Basis des “Nearest Neighbor”-Algorithmus, der diverse Artefakte des bisher benutzten Scalers verhindert (und dafür auf gewissen Hardware-Kombinationen aber auch neue Artefakte erzeugt). Das ist noch “work in progress” und derzeit eine Compile-Time-Einstellung, es sieht aber so aus wie wenn über zur Laufzeit ladbare Koeffizienten beide Skalieralgorithmen gleichzeitig im selben Core leben können. Und ein komplett neuer Scaler ist derzeit in Entwicklung – Stand heute ist die Scaler-Geschichte etwas unschön, weil sie spezielle IP erfordert, und diese nur für eher teure Quartus-Versionen (quasi die “Entwicklungsumgebung” für die Intel/Altera-FPGAs) verfügbar ist und die freien Versionen solche Cores nicht bauen können. Mit einem unabhängigen Open-Source-Scaler wäre dieses Hindernis auch aus dem Weg geräumt.

Lange Zeit fehlte ein Atari ST-Core beim MISTer – eigentlich die einzige große Lücke, alle anderen Cores waren längst auf dem MISTer portiert und teils sogar stark verbessert gegenüber ihrem MIST-Original. Und hier gibt es den vermutlich größten Fortschritt: ein komplett neuer Core namens FX CAST (von Jorge Cwik aka ijor im Atari-Forum), basierend auf einer zyklenexakten Nachbildung des Motorola 68000 und einer sehr präzisen Nachbildung von Grafik- und Soundchip. Die Sourcen dazu sind noch nicht offen, das soll aber demnächst so weit sein.

Also, ran an den MISTer, oder den alten MIST nochmal auspacken. Es gibt für den MIST inzwischen viele Cores, die das “Component out”-Kabel unterstützen, was es deutlich erleichtert, den MIST an einigermaßen aktuelle Fernseher oder Projektoren anzuschließen – bei vielen Bildgeräten hat “Component” neben HDMI als Input-Schnittstelle überlebt, während Scart-RGB mit der Lupe gesucht werden muss, genauso wie VGA-Eingänge mit ausreichender Flexibilität für die “krummen” Videosignale der diversen Cores.

Für den MISTer gibt es auch eine neue Version des USB-Hub-Boards mit der Wiederauferstehung des 9pol-Digital-Joystick-Anschlusses. Und es wird gerade mit Serial-to-MIDI experimentiert, um auch noch diese letzte MIST-MISTer-Lücke zu schließen.

Rundrum großer Fortschritt und viel Bewegung und Weiterentwicklung. Es ist eine Freude, das zu verfolgen, und ein schönes Beispiel für “Open Source funktioniert”. Besonders freue ich mich, dass Till wieder aktiv ins Geschehen eingreift, er klang zuletzt etwas negativ bezüglich der MIST-Zukunft (Produktion eingestellt, im Prinzip Abverkauf der letzten Exemplare, und Ärger mit Billig-Nachbauten wie Mistica die ihre Kunden im Regen stehen lassen). Er scheint wieder neue Energie gefunden zu haben.