Ich fürchte, die heute begonnene Serie „Beknackte Oberflächen“ könnte ein Dauerbrenner werden. Es gibt weniges, was mich so nervt wie beknackte, unintuitive Benutzungsoberflächen. Es nervt deutlich mehr als hässliche, aber wenigstens funktionale Oberflächen.
Microsoft musste ja viel Kritik einstecken für die Einführung des „Ribbon“-Konzepts. Und das völlig zu Recht. Heute noch frage ich mich, was denn der große Vorteil dieses Konzepts sein soll, und warum es nicht wenigstens möglich war, beide Konzepte parallel zu integrieren – denn letztlich wird ja auch jede Ribbon-Aktion entweder direkt ausgeführt (so wie bei der guten alten Toolbar) oder öffnet irgendwann denselben schäbigen Dialog wie früher.
Es geht ja das Gerücht, dass Microsoft Legionen an UI-Experten beschäftigt und ständig Versuchspersonen befragt zur Benutzbarkeit ihrer Oberflächen. Keine Ahnung, wo diese Experten waren, als ein Programmierer die Aufgabe bekam, in Outlook 2010 die Funktionalität „EMail exportieren“ einzubauen.
Die Ausgangssituation: ich hatte diverse zu exportierende EMails in einer Folder-Struktur gesammelt und wollte nun diesen Folder exportieren und war schon gespannt, welche Formate mir wohl Outlook anbieten würde – Microsoft ist ja auch bekannt dafür, Industriestandards – wenn sie nicht von Microsoft selbst erfunden wurden – entweder nicht oder unvollständig oder fehlerhaft zu unterstützen.
Es stellte sich aber heraus, dass das Export-Format gar nicht das Problem ist, denn die Frage war zunächst: wie funktioniert der Export denn überhaupt? Intuitiv wäre gewesen, den Export über das Kontextmenü erreichbar zu machen – aber da geht nur, über „Eigenschaften“ über den Reiter „AutoArchivierung“ zu archivieren – aber ich wollte ja jetzt exportieren und nicht irgendwann archivieren. Vielleicht direktes Drag&Drop des Folders ins Dateisystem? Nein, da empfängt mich das Verbotsschild. Also mal im „Datei“-Ribbon nachgeschaut, ob es da „Export“ oder „Speichern“ oder sowas gibt. Gibt es nicht. Jetzt war ich doch einigermaßen ratlos und bin die anderen Ribbons durchgegangen. Nix zu sehen. Die Symbolleiste für den Schnellzugriff inspiziert. Geschaut, ob es dort in den „Weiteren Befehlen“ vielleicht irgendeine Export-Aktion gibt. Wieder nix.
OK, dann mal in den „Optionen“ nachschauen, ob man dort irgendwo was aktivieren kann. Dann die Überraschung: Unter „Erweitert“ gibt es tatsächlich einen Bereich „Exportieren“ nebst zugehörigem Button. Drückt man diesen, gibt es noch eine Überraschung: ein Dialog öffnet sich, der eine Auswahl von 9 Aktionen anbietet. 9 Export-Aktionen? Nein, natürlich nicht. 7 davon sind Import-Aktionen. Ah ja. Immerhin: die anderen Dinge unter „Optionen -> Erweitert“ scheinen wirklich Optionen zu sein und keine gut versteckte Funktionalität. Es ist also noch nicht alles verloren.