Recht überraschend hat die Raspberry Pi Foundation die nächste Generation des Raspberry Pi Model B vorgestellt, konsequenterweise benannt “Raspberry Pi 2 Model B”. Offenbar wollte man die Äquivalenz zu den alten 8-Bittern der Acorn BBC-Reihe nicht weiter fortsetzen, sonst hätte das Dingens vermutlich Raspberry Pi Master heißen müssen.
Gegenüber dem letzten “kleinen” Update, dem +-Modell, das bekanntlich nur eine leichte Modellpflege war (microSD statt SD, 4x USB statt 2x USB, etwas sparsamer im Stromverbrauch), handelt es sich jetzt um einen echten Nachfolger – das Herz hört jetzt auf den Namen BCM2836 und beinhaltet einen Quad-Core-Cortex-A7, der mit 900 MHz getaktet ist. Gegenüber dem Vorgänger BCM2835 mit dem 700 MHz Single-Core-ARM11 ein dramatischer Fortschritt bezüglich der CPU-Power. Man beachte, dass der Cortex-A7 ein teilweise superskalares Design ist und daher auch bei der Single-Core-Performance dem ARM11 deutlich voraus ist. Über den Daumen gepeilt würde ich etwa die doppelte Performance vermuten nach den Erfahrungen mit dem Cortex-A8, dem er am nächsten kommt in der wichtigen DMIPS/MHz-Kategorie. Der Cortex-A7 profitiert dabei auch von seiner relativ kurzen Pipeline.
Definitive Aussagen zur Performance sind im Moment schwer zu treffen, weil es kaum Informationen zum BCM2836 – klar ist derzeit nur, dass sich an der GPU namens VideoCore IV nichts geändert hat. Cachegrößen sind unklar, aber nach ersten Infos ist VFP4 und NEON mit am Start, was je nach Auslegung und Software gigantische Fortschritte gegenüber dem Vorgänger erlaubt. Ob der BCM2836 ähnlich gutmütig beim Übertakten ist wie sein Vorgänger, bleibt abzuwarten.
Was speicherhungrigen Systemen (also alle Betriebssysteme außer RISC OS…) definitiv helfen wird, ist die Aufdoppelung des RAMs auf 1 GB. Ob das RAM nicht nur größer sondern auch schneller geworden ist, dazu habe ich keine Informationen gefunden.
Ansonsten ändert sich nichts – die Platine ist für das ungeschulte Auge vom Raspberry Pi B+ nicht zu unterscheiden, demzufolge passen die Gehäuse auch für beide Modelle. Auch der Stromverbrauch sollte im bisherigen Rahmen bleiben – bei Vollauslastung aller Cores tendenziell etwas mehr. Auch schön: der Preis bleibt praktisch unverändert und liegt in Deutschland irgendwo zwischen 38 und 39€.
Für die Linuxer ist interessant, dass der Cortex-A7 nun natürlich ARMv7 implementiert – vor allem Ubuntu hatte sich im ARM-Bereich früh auf ARMv7 konzentriert, das dürfte die Sache nun erleichtern.
Interessanterweise wurde auch angekündigt, dass Windows 10 auf dem Pi kostenlos zur Verfügung gestellt wird. Was Microsoft damit bezweckt, ist mir noch etwas unklar – spannend wird sein, welche Variante es sein wird, wie man hört soll es Windows 10 in den verschiedensten Geschmacksrichtungen von CLI-only bis Full-Blown geben.
Gegenüber der Konkurrenz wie Banana Pi, Cubieboard, Cubietruck, BeagleBone Black oder auch MarS-Board, Cubox und HummingBoard hat der neue Raspberry Pi 2 nun den Wettbewerb stark verschärft – bisher hatte der Pi den Preis auf seiner Seite, die Konkurrenz die CPU-Leistung. Hier wird das Feld nun kräftig durcheinandergewirbelt. Nur im I/O-Bereich lässt der Pi weiterhin der Konkurrenz reichlich Luft zum Atmen, da weiterhin ohne Gigabit Ethernet oder SATA.
Zum Launch am Montag waren 100.000 Geräte verfügbar, offenbar hat man viel aus dem Verfügbarkeitsdesaster aus der Anfangszeit des RPi gelernt. Stand jetzt sind bei den üblichen Verdächtigen wie Reichelt oder Watterott immer noch Lagerbestände verfügbar. Nein, ich muss mich korrigieren: Reichelt meldet “ausverkauft”.
Die RISC OS-Seite der Geschichte habe ich hier schon beleuchtet, aktuell kann man hinzufügen, dass das Nightly-Build-ROM inzwischen auf dem Raspberry Pi 2 läuft.
Nachtrag (2015-02-05)
Auch Watterott ist inzwischen ausverkauft.